#bytevaria 25.10.2019

Gründen in Bayern: Was den Freistaat so attraktiv für Start-ups macht

Der Freistaat Bayern scheint Start-ups und Gründer wie magisch anzuziehen. Besonders in der Metropolregion Nürnberg-Erlangen, Augsburg und München siedeln sich viele neue Unternehmen an. Wir zeigen, was diese drei Standorte so besonders macht und welche Betriebe dort bereits entstanden sind.

Namhafte Geldgeber investieren selten grundlos. In Bayern fallen die Investments in junge Gründer oft auf fruchtbaren Boden. Warum gerade hier der Aufbau von Unternehmen so oft gelingt, liegt an den individuellen Standortvorteilen, die verschiedene Städte im Freistaat bieten. Wie diese Faktoren konkret aussehen, zeigen wir am Beispiel der drei größten bayerischen Städte Augsburg, München und Nürnberg.


Augsburg


In der Gründer- und Fuggerstadt Augsburg wurden alleine im Jahr 2018 etwa 75 Start-ups gegründet, wie die Augsburger Allgemeine Zeitung berichtete. Es kommen viele Faktoren zusammen, welche den Verwaltungssitz des Regierungsbezirks Schwaben für Unternehmer attraktiv machen. Zum einen ist die traditionelle Infrastruktur sehr gut ausgebaut: Augsburg ist direkt an die Autobahn angebunden. 
Dazu kommt ein relativ entspannter Immobilienmarkt. Die Preise für Büros und Flächen sind hier verhältnismäßig niedrig. Auch branchenübergreifende Netzwerke sind hier seit Jahren etabliert und arbeiten gut zusammen. Die Wirtschaftskammern, Hochschulen, die Agentur für Arbeit und die beiden Gründerzentren stehen in regem Austausch. Zusätzlich gibt es regelmäßig verschiedene Events für Gründer und solche die es werden wollen, wie das Rocketeer-Festival, bei denen sich Interessierte mit erfahrenen und jungen Unternehmern austauschen können. Das Digitale Gründerzentrum Schwaben (DZ.S) wurde erst 2017 ins Leben gerufen, während das Umwelttechnologische Gründerzentrum (UTG) seit 21 Jahren besteht und bereits einigen Unternehmen Wachstum ermöglicht hat. Auch ein für Start-ups besonders wichtiger Punkt wird in Augsburg bedient: Der Zugang zu finanzstarken Partnern fällt hier leicht. Neben den in Bayern üblichen Förderbanken für Gründer (wie der LfA Förderbank Bayern und der KfW Bank) gibt es hier zusätzlich das Forum Unternehmerkapital, das junge Unternehmen finanziell stützt. All diese positiven Standortfaktoren zeigen Wirkung. Zwei besonders nennenswerte Unternehmen aus Ausgburg sind Conntac und Sandhelden. Conntac entwickelt Apps für namhaften Kunden wie Telefonica, während die Sandhelden im 3D-Druck-Bereich tätig sind und Inneneinrichtungen, vor allem für Badezimmer, aus Sand durch 3D-Druck herstellen.
 

Die bayerische Hauptstadt zieht als international bekannte Metropole naturgemäß besonders viele Gründer an. Mindestens die Zahlen geben Recht: Der Deutschlandfunk berichtet von über 1.000 Start-ups in München. Damit ist die Stadt zweifelsohne Bayerns Platzhirsch in Sachen Gründungen und Jungunternehmen. Mit Flixbus und Celonis sitzen außerdem gleich zwei „Unicorns“, also Start-ups, die mit über einer Milliarde Euro bewertet werden, in München. Ein jüngerer Akteur in der Start-up Szene ist ProGlove. Die Münchner kombinieren Handschuhe, wie sie in Industriebetrieben benötigt werden, mit Scannertechnologie. Mit dem jüngsten Investment über 40 Millionen US-Dollar von Summit Partners flossen nun insgesamt 50 Millionen Euro in das erst 2014 gegründete Unternehmen. Zu den Investoren zählen unter anderem auch:
•    Intel Capital
•    Getty Lab
•    Bayern Kapital
•    Deutsche Invest Capital Partners (DIVC)


Warum investieren Milliarden-Konzerne in ein relativ kleines Start-up in München? Eine Antwort auf diese Frage sind die Standortfaktoren, die in München zusammentreffen. München ist ein Standort klassischer Industrieunternehmen. Das macht eine Ansiedlung hier besonders für Start-ups interessant, die sich im B2B-Geschäft betätigen wollen. Dort muss man zwangsläufig in Kontakt zu den „Großen“ kommen, um überleben zu können. Mit Namen wie Allianz, Munich Re und Siemens vor Ort liegt München als Standortwahl für solche Start-ups nahe. Außerdem verbinden zahlreiche branchenspezifische und branchenübergreifende Netzwerke sowohl die Start-ups untereinander als auch die Start-ups mit der bestehenden Industrie. Neben den Netzwerken und Gründerzentren oder Inkubatoren, die von Unternehmen wie BMW (BMW Startupgarage) selbst ins Leben gerufen werden, gibt es auch staatlich geförderte Programme wie BayStartUP, die Gründer unterstützen. Auch die großen Hochschulen, die TU München und die Ludwig-Maximilians-Universität, haben spezielle Programme für Gründer aufgelegt. Im Gründernetzwerk der Technischen Universität München, der UnternehmerTUM, fanden auch die Gründer der maiot GmbH zusammen. Das Mitte 2018 gegründete Unternehmen entwickelt Software, mit der sich Schäden an Maschinen vorhersagen lassen, bevor diese eintreten. Eines ihrer jüngeren Projekte wird mit mehreren hunderttausend Euro vom Bundesverkehrsministerium gefördert und läuft in Zusammenarbeit mit der Münchner Verkehrsgesellschaft: Über 100 Busse erhalten Vorhersagesysteme, ob und wann Türen oder Klimaanlagen versagen werden, damit die Komponenten rechtzeitig ausgetauscht werden können. 
 

Besonders die Medtech-Szene hat ihr Zentrum im Herzen Bayerns, genauer gesagt in Mittelfranken. Im Medical Valley Nürnberg-Erlangen sind etwa 180 forschende Firmen aus der Medizintechnik-Branche angesiedelt. Von jungen Start-ups wie der Portabiles HealthCare Technologies GmbH (im Dezember 2016 gegründet) über „Ex-Start-ups“ wie die 2007 gegründete Chimaera GmbH bis hin zu Ausgründungen globaler Konzerne wie der Siemens Healthineers GmbH findet man hier umfassende Medtech-Kompetenz auf kleinem Raum. Portabiles HealthCare Technologies hat ein mobiles Sensorsystem entwickelt, mit dem bei chronisch Bewegungserkrankten eine medizinische Ganganalyse in Echtzeit vorgenommen werden kann. Durch Langzeitbeobachtungen können Verschlechterungen erkannt und das Sturzrisiko gemindert werden. Chimaera beschäftigt sich seit der Gründung mit der Entwicklung und Verbesserung medizinischer Bildverarbeitungssoftware. Neben Lösungen für Endkunden werden auch B2B-Dienstleistungen angeboten. Der Schwerpunkt der Chimaera GmbH in all ihren Projekten sind Schlüsseltechnologien wie Deep Learning und Künstliche Intelligenz. Neben etablierten Unternehmen bietet auch Nürnberg exzellente Gelegenheiten für Gründer, um aktiv zu netzwerken. Jährlich findet das Nürnberg Digital Festival (ehemals Nürnberg Web Week) und der Digital Tech Summit statt. Außerdem sind mit Rudolf und Dagmar Wöhrl zwei der zahlungskräftigsten Business Angels der Bundesrepublik hier beheimatet und mit Diehl Ventures ist sogar einer der in Deutschland recht seltenen Risikokapitalgeber direkt vor Ort. Außerdem hat BayStartUP auch hier einen Standort,um junge Unternehmen in ihrer Wachstumsphase zu unterstützten.


Warum Bayern so attraktiv für Gründer ist


Neben den Individuellen Vorteilen, die jeweils lokale Gegebenheiten an bestimmten Standorten bieten, profitieren Start-ups in ganz Bayern von den zahlreichen Förderungen aus Politik und Wirtschaft. Auch die besonders ausgeprägten Netzwerke stellen sicher, dass aufstrebende und etablierte Unternehmen nicht nur koexistieren, sondern in regem, produktivem Austausch stehen. Außerdem hält der Freistaat regelmäßig Wettbewerbe für Start-ups und innovative Unternehmen ab, welche die Teilnehmer mit Reputation, Erfahrung und die Sieger mit Kapital ausstatten. Beispielsweise bieten die bayerischen Businessplan Wettbewerbe schon über 20 Jahre Unterstützung für Start-ups. Auch die zahlreichen Acceleratoren und Gründerzentren im Freistaat tragen dazu bei, dass der Gründergeist in Bayern stark gefördert wird. Weil hier all diese Faktoren zusammenkommen, bietet Bayern als Bundesland ein hervorragendes Umfeld für Gründer.