#bytevaria 26.10.2018

Zukunftstechnologie 3D-Druck: In Bayern hat die Zukunft längst begonnen

Wenn es um Cross-Industry-Innovation – also um neue, branchenübergreifende Technologien – geht, spielt der 3D-Druck eine bedeutende Rolle. Durch das additive Herstellungsverfahren können Material und Zeit eingespart werden und es ist möglich, präzisere Bauteile mit einer höheren Festigkeit zu produzieren. Dank der Vernetzung der Prozesskette mit Hilfe des Industrie 4.0-Ansatzes gelingt es zudem, individuell gefertigte Elemente in geringen Stückzahlen und nach Bedarf herzustellen.

Immer mehr Materialien können heute schon gedruckt werden und das immer schneller und in besserer Qualität. Während der 3D-Druck einst mit Kunststoffen begann, gelingt längst auch der Einsatz von Metallen. Ob Turbinenschaufeln, Hüftgelenke, Schuhsohlen oder Ersatzteile – heute sind Verfahren der Additiven Fertigung in sämtlichen Anwendungsfeldern und Branchen präsent. So kommen im Maschinenbau, in der Luft- und Raumfahrt bis hin zur Medizintechnik immer mehr Produkte aus dem 3D-Druck zum Einsatz.

Was ist 3D-Druck?


Im Gegensatz zu traditionellen Fertigungsverfahren, bei denen ein Werkstoff durch Drehen, Fräsen oder Bohren abgetragen wird, ist der 3D-Druck ein generatives Verfahren. Durch Hinzufügen bzw. Addieren von Material wird ein Werkstück Schicht für Schicht aufgebaut, daher spricht man auch von Additiver Fertigung. Ging es dabei zu Beginn vor allem um die unkomplizierte Herstellung von Prototypen, ist längst der Sprung zur anerkannten Fertigungsmethode gelungen. Folgende Vorteile haben dem Verfahren den Weg geebnet:

  • Produktion in kürzester Zeit
  • Komplexere Geometrien möglich im Vergleich zur klassischen Fertigung (Fräsen, Schweißen)
  • Niedriger Materialverbrauch
  • Maßgebliche Gewichtseinsparung für Bauteile
  • Funktionelle Integration von Leitungen

Technologieförderung in Bayern


Das Potential der Technologie wurde in Bayern seit Langem erkannt. Daher liegt dem Freistaat im Rahmen des Masterplans Bayern Digital II und des Bayerischen Forschungsprogramms „Neue Werkstoffe“ die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Themenfeld „Additive Fertigung / 3D-Druck“ besonders am Herzen. Gefördert werden sollen vor allen Dingen Kooperationen zwischen Unternehmen – gegebenenfalls unter Beteiligung von Forschungseinrichtungen. Forschungsprojekte gibt es derzeit zum Beispiel an den Universitäten Würzburg, Erlangen-Nürnberg und Bayreuth, an Letzterer sogar einen neu geschaffenen Masterstudiengang „Biofabrication“. Im Jahr 2016 wurde darüber hinaus in Traunstein das erste BayernLab eröffnet, in dem Interessierte 3D-Drucker selbst testen können.

 

Führende Anbieter in Bayern


Concept Laser
Die im Jahr 2000 im oberfränkischen Lichtenfels gegründete Concept Laser GmbH gehört zu den führenden Anbietern von Maschinen- und Anlagentechnik für den 3D-Druck von Metallbauteilen. Seit Dezember 2016 ist Concept Laser Teil von GE Additive, einer Sparte des global agierenden Industrieunternehmens General Electric. Am Firmensitz in Lichtenfels sollen mindestens 100 Millionen Euro investiert und 500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.

EOS Krailling
Mit seinen innovativen Fertigungssystemen gehört EOS in Krailling zu den Technologie- und Qualitätsführern für High-End-Lösungen im Bereich der Additiven Fertigung. Bereits 1989 gegründet, ist das Unternehmen Pionier und führend im Bereich des Direkten Metall Laser Sinterns (DMLS) und Anbieter hochproduktiver Systeme zur Additiven Fertigung mit Kunststoffen. So fertigt EOS in enger Zusammenarbeit mit Daimler für dessen Bus-Tochter EvoBus in Neu-Ulm Kunststoffbauteile auf Abruf. Dadurch werden unter anderem Produktionsüberschüsse vermieden und Kosten in der Logistik eingespart.

ExOne
Die ExOne GmbH bietet neben dem Verkauf von 3D-Druckern auch die Herstellung von Bauteilen aus Metall und Sand mittels 3D-Druck als Dienstleistung. Der US-amerikanische Mutterkonzern hat kürzlich das Werk am europäischen Hauptgeschäftssitz in Gersthofen bei Augsburg fertiggestellt. Das Werk erstreckt sich über eine Fläche von etwa 14.000 Quadratmeter für Produktion, Forschung und Entwicklung sowie Büros.

Voxeljet
Das ebenfalls im Großraum Augsburg ansässige Unternehmen hat sich auf 3D-Drucksysteme für die Verarbeitung von Kunststoff, Sand und Metallen spezialisiert. Am Firmensitz im bayerischen Friedberg entwickelt und vertreibt die Voxeljet AG ihre 3D-Drucker für den industriellen Einsatz und ist zudem an weiteren Standorten in Amerika, England, China und Indien aktiv.
 

Weitere Akteure im Bereich 3D-Druck


Das in Taufkirchen bei München ansässige Unternehmen APWORKS ist Teil der Airbus-Gruppe und bietet 3D-Metall-Druck als Dienstleistung an. Abgedeckt wird die komplette Wertschöpfungskette, vom optimierten Design der Bauteile über die Auswahl geeigneter Materialien und Prototypenbau bis hin zur qualifizierten Serienfertigung. Auch BMW setzt die 3D-Druck-Technologie seit Langem in seiner Produktion ein und eröffnet 2019 in Bayern sogar einen eigenen Campus für Additive Fertigung. Die in Gersthofen bei Augsburg ansässige Sandhelden GmbH ist Anbieter von Waschbecken und anderen Sanitäreinrichtungen, welche durch 3D-Druck aus Sand hergestellt werden. Das additive Verfahren erlaubt völlig neue Ansätze in Hinblick auf Design und Materialbeschaffung.

 

Anwendungsbereiche und -branchen

 

  • In der Luft- und Raumfahrtindustrie entstehen im 3D-Druckverfahren u.a. Kraftstoffsysteme, Leit- und Laufschaufeln, Hitzeschutzkomponenten, Triebwerk- und Turbinenteile, Raketenelemente sowie hochwertige Bauteile für die Kabinen- und Cockpit-Ausstattung.
  • Automobilhersteller und -zulieferer verwenden die Additive Fertigung z.B. für Motorenkomponenten, Karosserie- und Strukturteile sowie Direktbauteile im Interior-Bereich. Außerdem eignet sie sich für Direktbauteile in der Vorserienentwicklung und Kleinserienfertigung.
  • Die Medizintechnik baut bei kleinen Losgrößen, herstellerspezifischen Anpassungen sowie bei individuell zugeschnittenen Implantaten bis Losgröße 1 auf 3D-Druck. Aber ebenso bei der Serienfertigung von Standardimplantaten.
  • In der Dentalbranche entstehen vielfältige Dentalprodukte wie Kronen, Käppchen, Modellgüsse und Sekundärkonstruktionen wie z.B. Knirschschienen.
  • In der Uhren- und Schmuckherstellung sowie in den Bereichen Design und Architektur kommt der 3D-Druck bei individuellen Schmuckstücken, Unikaten, Kleinserien oder Anschauungsmodellen zum Einsatz.
  • Im Werkzeug- und Formenbau gibt es vielfältige Anwendungen, z.B.  Messvorrichtungen, Spritzgussformen (Injection Molding), Heft- und Spannvorrichtungen für die Fertigung, Kühlkanäle, etc.


Neben führenden Akteuren des 3D-Drucks in Lichtenfels und München hat sich vor allem im Großraum Augsburg ein Cluster für additive Fertigung gebildet. Gleich mehrere Hidden Champions sind in Schwaben aktiv und verkaufen weltweit ihre hochspezialisierten Produkte. Dieses Jahr fand zudem erstmals das Multi-Location-Event Experience Additive Manufacturing in Augsburg statt. Durch die Einbeziehung von lokal ansässigen Unternehmen sowie der Forschung entstand ein neues Messekonzept, bei dem auch begleitende Veranstaltungen – etwa in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut – stattfinden.


Erfahren Sie mehr:
>> 5 Minuten mit… Herrn Frank Herzog, Gründer und CEO von Concept Laser
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